Fotos (v.o.n.u.): © B. Gebauer; Viktor Schwabenland, S. Hofschlaeger (5), creature, Daniel Stricker, Dirk Schelpe (2) / www.pixelio.de

Lernen im Idealfall

Begreifen und Verständnis

Das Verstehen und Begreiflich-Machen von Gesetzmäßigkeiten eines konkreten Gegenstandes wird beim Kleinkind zunächst durch Begreifen ermöglicht, d.h. das Kind greift mit den Händen nach einem Gegenstand und steckt ihn in den Mund, um zu erforschen, zu erkunden, um was es sich handelt – ein wichtiger Lernprozess. Wenn ältere Kinder beginnen, auch abstrakte Gegenstände zu „begreifen“, baut ihr Verständnis auf dieser Grundlage auf. Neue Inhalte werden in die vorhandenen integriert, in der Hauptsache durch vergleichendes Denken, symbolische Repräsentationen und logisches Schlussfolgern. Das natürliche Lernen von z.B. mathematischen Strukturen – zunächst im Bereich der Grundlagen, später im darauf aufbauenden Stoff – ist daher ebenfalls am ehesten zu erreichen durch

aktiv entdeckendes Lernen, d.h. indem die Kinder die relevanten Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten durch eigenes Tun im Idealfall selbst entdecken, also durch aktives Tun, z.B.

• aktiv zu erkunden, um was es bei einem Lerngegenstand geht

• zu fragen, was nicht verstanden wurde

• zu reflektieren

• zu abstrahieren

anzuwenden (in Übungen)

• das Gelernte zu festigen

Interaktion zwischen Lernen und Lehren

Um die Kinder bei diesem aktiven Lernprozess zu unterstützen, ist ein beständiger Lehr-Lerndialog die anregendste Art, den Kindern Impulse für diese Eigenentdeckungen zu geben. Einer der wichtigsten Bestandteile dieses Lernprozesses ist die Möglichkeit, Fragen zu stellen, auf die zuverlässig und gewissenhaft eingegangen wird. Etwa ebenso bedeutend sind aber auch folgende Voraussetzungen:

  • an das Vorwissen und die Interessen der Kinder angepasste Bereitstellung von Problemstellungen
  • gezieltes Anbieten von Informationen
  • Bereitstellung geeigneter Materialien
  • Bewertung von Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit des Einsatzes dieser Materialien
  • Rückmeldungen der Kinder über Zweckmäßigkeit / Unzweckmäßigkeit der Materialien als Bestandteil des Lehr-Lern-Dialoges einbeziehen
  • Rückmeldungen an die Kinder über die Qualität ihrer „Konstruktionen“ und Ermutigung zu eigenen Lösungswegen, Strategien und Gedanken

Ein weiterer Mittelpunkt des Lernprozesses ist die Aufklärung von Fehlern und die Beurteilung von Lösungswegen, z.B. von Rechenwegen in der Mathematik. Fehler als ein Problem zu betrachten, ist ein Fehler! Fehleranalysen sind bei jeder Art von Lernprozessen wichtig, sie stellen eine Grundlage des Lernens dar.

Die Freude „Hurra, ein Fehler“ könnte eine lebendige Lernkultur einleiten, die in unserem Kulturkreis bisher leider nicht verbreitet ist.

Stattdessen berichten Schüler immer wieder, dass sie im Unterricht ausgelacht oder auf andere Weise stigmatisiert werden, wenn sie etwas noch nicht so gut können oder noch nicht verstanden haben. Wo diese „Umgangsformen“ noch nicht der Vergangenheit angehören, ist es ein Gräuel für alle Anwesenden – auch für diejenigen, die nicht stigmatisiert werden, denn ihre Angst, vielleicht als Nächste so behandelt zu werden, ist die logische Folge. Jedem Lehrer steht es frei, dafür zu sorgen, dass in seiner Klasse keine Stigmatisierung stattfindet. Wünschenswert wäre, wenn auch alle sonst betroffenen Erwachsenen (z.B. Elternvertreter oder Eltern) sich dafür einsetzen, dass solchen für alle Beteiligten nachteiligen Einflüssen entschieden entgegengewirkt wird.

Aus vielen Untersuchungen der Konfliktforschung ist bekannt, dass jegliche Form von Konkurrenz Konflikte verschärft und somit auch der Unterricht dadurch keinesfalls erleichtert werden kann. Nicht nur alle Lernprozesse, sondern auch das Klima und somit das Wohlergehen aller Beteiligter können allein durch Kooperation gefördert werden, z.B. indem eine Stimmung zur gegenseitigen Unterstützung erzeugt wird.

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