Fotos (v.o.n.u.): © B. Gebauer; S. Hofschläger (4), Dieter Schütz, S. Hofschläger, Dieter Schütz, S. Hofschläger (6), Dieter Schütz, duwitt / www.pixelio.de

Lese-/Rechtschreibförderung

Allgemeines

Die Schwierigkeiten, die manche Kinder (und Erwachsene) beim Lernen der Schriftsprache haben, werden üblicherweise mit „Lese-/Rechtschreibschwäche“ oder „Lese-/Rechtschreibstörung (LRS)“ bezeichnet. Auf dieser Seite soll der Schwerpunkt jedoch auf der Förderung liegen, da sich die Schwierigkeiten mit gezielter Förderung weitestgehend beheben lassen.

Zunächst machen alle Kinder die gleichen Fehler beim Lesen- und Schreiben-Lernen in unterschiedlichem Ausmaß. Diese Schwierigkeiten nehmen bei den meisten Kindern früher oder später ab und verlieren sich ganz. Nur ein kleiner Prozentsatz (etwa 4 % der Bevölkerung) machen die Fehler nicht nur häufiger als die übrigen Kinder, sondern behalten sie auch bei. Dabei fällt auf, dass es keine bestimmte Systematik der Fehler gibt, sondern einzelne Wörter immer wieder unterschiedlich falsch geschrieben werden. In seltenen Fällen tritt eine dieser Störungen allein auf, d. h. ein Kind hat nur beim Schreiben Schwierigkeiten oder nur beim Lesen.

Mögliche Symptome / Fehlerarten

  • Probleme mit der Umsetzung der gesprochenen in geschriebene Sprache und umgekehrt
  • Wörter oder Wortteile werden ausgelassen, verdreht oder hinzugefügt
  • Lesen fällt schwer, geht nur langsam
  • Anlaufzeit beim Vorlesen, langes Zögern
  • beim Lesen wird die Zeile im Text oft verfehlt oder verloren
  • Regeln und regelhafte Abweichungen werden nicht erkannt, nicht gemerkt
  • keine stabilen Fehlerprofile

Ursachen

Zu Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten sind bereits viele Untersuchungen gemacht worden, die in Bezug auf die Ursachen nicht auf gesicherte Ergebnisse schließen lassen. Auch mit den neuen Methoden der Genforschung wurden lediglich „mögliche“ Genorte gefunden, die als „wahrscheinlich“ für die Entstehung der LRS angesehen werden. Die Ergebnisse über die Ursachen sind also keineswegs gesichert. Es handelt sich um Annahmen und Vermutungen, wie z. B. der „Abschätzung des genetischen Einflusses“, ohne dass ein Nachweis dafür vorliegt.

Aufgrund dieser Annahmen lassen sich Stimmen finden, die zwischen „Legasthenie“ und „Lese-/Rechtschreibschwäche“ unterscheiden. Dabei werden für die Diagnose „Legasthenie“ genetische Ursachen angenommen, während die Symptome für eine „Lese-/Rechtschreibschwäche“ als erworben betrachtet werden.

In meinen Augen kommen genetisch bedingte Defizite nur in äußerst seltenen Fällen vor, während es sich in der überwiegenden Mehrzahl um Begleiterscheinungen verschiedener Art handelt, die sich bei einem von Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten betroffenen Kind (oder auch Erwachsenen) einstellen können. Auf die verschiedenen Symptome, d. h. einerseits auf die oben beschriebenen Fehlerarten und andererseits auf die damit verbundenen Begleiterscheinungen, Verhaltensmuster usw., muss in einer Therapie selbstverständlich gleichermaßen eingegangen werden (s. Therapie).

Demnach ist es am plausibelsten, wie bei anderen Lernschwierigkeiten auch bei dieser Lernstörung das Zusammenwirken vieler verschiedener Faktoren in Betracht zu ziehen.

In Frage kommen:

  • Entwicklungsverzögerung
  • unzureichende Förderung im Elternhaus
  • sozioökonomischer Status (Selbstbild)
  • schulische Vorgeschichte
  • ungelöste Konflikte (auf verschiedenen Ebenen)
  • Position in der Familie
  • persönliche Neigungen – in positiver wie negativer Hinsicht
  • Tendenzen der inneren Einstellung
  • Krankheiten
  • Erziehungsschwierigkeiten

Es ist selbstverständlich, dass die Therapie umso erfolgversprechender ist, je genauer man die Ursachen erkannt hat und in der Lage ist, in geeigneter Form darauf einzugehen.

Therapie

Da die Vermittlung des Schriftspracherwerbs Aufgabe der Schule ist, wäre es wünschenswert, dass auftretende Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben zunächst von den Lehrern bemerkt und diese Beobachtungen den Eltern mitgeteilt werden. Weiterhin wünschenswert wäre, dass dann gemeinsame Überlegungen angestellt werden, welche Hilfen für das Kind in Frage kommen, um eine gezielte Förderung in die Wege zu leiten.

Es gibt verschiedene methodische Ansätze, die bei der Bewältigung der Schwierigkeiten sehr hilfreich sind. Aber auch hier gilt, dass der beste methodische Ansatz nur dann nützt, wenn die individuelle Konstellation des Kindes dabei berücksichtigt wird. Dafür gibt es kein Rezept, sondern die geeignete Unterstützung muss von Fall zu Fall entwickelt werden.

Mein Ansatz ist methodenübergreifend, wobei tiefenpsychologisch fundierte Elemente als gute Grundlage in die individuelle Förderung einfließen. Vor allem bearbeite ich die oft auftretenden Begleiterscheinungen der LRS wie z. B. Aufmerksamkeitsstörungen, hyperaktives Verhalten, emotionale Störungen usw. Die Behandlung dieser begleitenden Problematik ist ebenso wichtig wie die Behandlung der Lese-/Rechtschreibstörung selbst. Immer wieder mache ich die Erfahrung, dass es für manche geradezu unvorstellbar ist, dass die begleitenden Verhaltensmuster beinahe „von selbst“ in den Hintergrund treten, sobald sich erste Erfolge bei der Bewältigung der LRS einstellen.

Dabei ist es von zentraler Wichtigkeit, dass ein Kind mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten überall Rückhalt hat, besonders in der Familie. Anerkennung ist auch seitens der Eltern gerade bei schlechten Leistungen eine grundlegende Voraussetzung für eine positive Entwicklung des Kindes.

Oft stellt erst die Diagnose zur Lese-/Rechtschreibstörung eine Entlastung dar, wenn vorher quälende Übungsstunden im Elternhaus stattgefunden haben und dadurch ein angespanntes Verhältnis zwischen Eltern und Kind entstanden ist. Es kommt nicht selten vor, dass negative Lernerfahrungen bei gemeinsamem Üben im Elternhaus zu ausgeprägten Auseinandersetzungen geführt haben. Dadurch können zusätzliche Belastungen für das Kind entstehen.

Es gibt seit langem (seit 1978) gesetzlich beschlossene „Grundsätze zur Förderung von Schülern mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens“, die in den verschiedenen Bundesländern jedoch unterschiedlich sind. Die Ansprechpartner für die derzeit gültigen Regelungen der einzelnen Bundesländer sind auf der Webseite des Bundesverbandes Legasthenie & Dyskalkulie e.V. (BVL – https://www.bvl-legasthenie.de/) zu finden. Dazu gehört u. a. der so genannte Nachteilsausgleich (Notenschutz, Zeitzugaben bei Arbeiten und Prüfungen) für von LRS betroffene Kinder.

Ein von der Schule oder Ausbildungsstätte gewährter Nachteilsausgleich sollte im Idealfall nur vorübergehend gewährt werden, da die Entwicklung eines von LRS betroffenen Kindes (oder auch eines Erwachsenen) erfolgversprechender ist, wenn seine Lernschwierigkeiten weitestgehend behoben werden. Auf einen Nachteilsausgleich ist es (bzw. er) dann nicht mehr angewiesen.

Ausblick

Auch Lese-/Rechtschreibschwierigkeiten lassen sich – wie praktisch alle Lernschwierigkeiten unterschiedlicher Art – beheben. Je nach Konstellation kann sie sich, ebenso wie z.B. Rechenschwäche, in vielen Fällen schon in etwa 1 ½ bis 2 Jahren so deutlich verbessern, dass der Schüler oder die Schülerin in seinen / ihren Leistungen von denen gleicher Altersstufe nicht mehr signifikant abweicht. Voraussetzung: Ein darauf spezialisierter Experte befasst sich mit Ihrem Kind.

Das gilt auch für den Fall, wenn die Situation über längere Zeit bestanden hat. Dabei ist es kein Wunder, wenn dem Kind die Freude am Schreiben und Lesen (zunächst) gründlich abhandengekommen ist. Diesen Hintergrund im Blick zu haben, gilt bei der Begleitung von Kindern mit LRS ebenso wie bei Kindern mit Schwierigkeiten beim Rechnen oder anders gearteten Lernschwierigkeiten.

Kosten

Bei LRS werden unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten vom Jugendamt übernommen. Das Kind braucht dann

  • einen anerkannten Test, der die Diagnose „Lese-/Rechtschreibschwäche“ ergeben hat und durch eine vom Therapeuten unabhängige Fachperson durchgeführt worden ist,
  • ein ärztliches oder psychotherapeutisches Gutachten, aus dem hervorgeht, dass das Kind nach § 35 a SGB VIII Anspruch auf Eingliederungshilfe hat,
  • eine Bescheinigung der Schule, dass die dort angewendeten Hilfen sich als nicht ausreichend erwiesen haben, die vorhandene Störung zu beheben.

Leider muss die Übernahme der Kosten in den meisten Bundesländern eingeklagt werden, auch wenn die vorgenannten Voraussetzungen gegeben sind.

Probestunde: kostenlos

Einzeltherapie: 40,00 Euro pro Stunde (60 Min.)

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